Die Messekrise und ein neuer Nikon-CEO – die Fotonews der Woche 15/2024

Deutschland hat kein Leitevent für Fotografie mehr, Nikon schließt die Übernahme von Red ab und das neue Leitz Phone ist wirklich nichts für jeden.

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Die einzige Hauptkamera dominiert die Rückseite des Leitz Phone 3. Es wird sogar mit einem Objektivdeckel dafür geliefert.

(Bild: Leica)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Nico Ernst
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Mea culpa. In der Hektik um Sonys verpatzte Firmware-Updates der letzten Woche – dazu kommen wir gleich noch – ging für diese Kolumne glatt unter, dass nach der Photokina nun auch die Photopia tot ist. Das hatten wir natürlich gemeldet, die Auswirkungen und Zusammenhänge sind aber noch etwas komplexer.

Denn als der die Photopia präsentierende Verband PIV im Februar seine baldige Auflösung bekannt gab, hieß es ausdrücklich: Das Event ziehen wir noch durch. Das sah die Hamburger Messe und Congress GmbH ein paar Wochen später aber anders und gab wie der PIV für sein Ende finanzielle Gründe an. Man wird wohl die genauen Zahlen nie erfahren, aber fest steht wohl, dass die Buchungen von Ausstellungsfläche und andere Zusagen unter den Erwartungen lagen.

Das alles erinnert fatal an das Ende der Cebit, die 2018 einen kompletten Neustart hinlegte, mit mehr Spaß, Event-Charakter, Konzerten, Verlegung in den Sommer – ein rundes Konzept. In langen Hintergrundgesprächen war damals die Presseabteilung der Hannoveraner Messe AG darum bemüht, das wie ein langfristiges Engagement aussehen zu lassen. Mindestens drei Jahre lang sollte das Konzept aufgebaut wurden. Es blieb trotzdem bei nur einer Ausgabe, wenige Wochen nach dem ersten Versuch war die Cebit endgültig tot. Schon in den Vorjahren war von den Ausstellern zu hören, dass steigende Flächenmieten bei schwindenden Besucherzahlen sich schlicht nicht mehr lohnen.

Mit dem plötzlichen Ende der Photopia wird sich wohl so schnell niemand mehr an eine große, zentrale Fotoveranstaltung in Deutschland wagen. Fein raus sind da die Händler und kleinere Verbände, die sich mit eigenen Veranstaltungen eine Gefolgschaft aufgebaut haben. Und natürlich der Gigant IFA, der wie schon bei der Cebit die Reste der Firmen aufsammeln wird, die sich noch auf Messen und nicht nur eigenen Events präsentieren wollen. In die Röhre schauen wieder einmal die Menschen, die nicht dauernd jeder Neuheit einzeln hinterherjagen und neue Produkte auch mal selbst anfassen wollen.

Die Krise der Fotoevents kann man auf die Nachwirkungen der Pandemie und das immer stärkere Marketing per Internet schieben, vor allem ist es aber wohl den im langjährigen Vergleich schrumpfenden Umsätzen geschuldet. Auch wenn die sich weltweit und in Deutschland nach dem Auf und Ab in der Pandemie nun stabilisiert haben: Ohne Geld von Canon, Nikon, Sony und den anderen sind Großevents halt nicht machbar. Die Macht der wenigen großen Hersteller in der Fotobranche wird einmal mehr zum Ärgernis für die Konsumenten.

Das zeigt sich auch an der Tatsache, dass Sony nach den Problemen mit Firmware-Updates für A7S III und A1 sowie dem Fehlen der fälligen Aktualisierung für die A9 III – Stichwort C2PA – noch keinen Zeitplan für funktionierende Updates vorgelegt hat. Entsprechende Anfragen bleiben derzeit schlicht unbeantwortet. Bis dahin bleibt nur der Rat, die Updates vorerst nicht einzuspielen.

Wie man einen durchaus schwierigen Geschäftsprozess wie die Übernahme einer Firma relativ geräuschlos und professionell durchzieht hat dafür Nikon gezeigt. Nur vier Wochen nach dem Kauf von Red meldet der japanische Konzern den Abschluss zur Zusammenführung der beiden Unternehmen. Und wer die Hosen anhat, macht Nikon auch klar, denn Keiji Oishi aus der Imaging-Abteilung wird zum CEO von Red. Oishi war zuvor auch mit "UX Planning", also dem Design der Bedienoberfläche einer Kamera betraut, was hier nicht Software bedeutet. Wo welcher Knopf und welches Rädchen sitzt, ist bei Nikon-Kameras schon immer recht durchdacht, was der Markentreue dient.

Dass die Reds für Film- und Fernsehproduktion jetzt groß umgebaut werden, ist wohl nicht zu befürchten, da sind die Anwender noch konservativer als Fotoprofis. Und so betont Nikon auch gleich, dass sich für die Red-Kunden erstmal nichts ändern soll. Neue Produkte soll es zwar geben, nur welche, verraten beide Firmen noch nicht. Der bisherige Red-CEO, Tommy Rios, wird "Co-CEO", also wohl neben Oishi der Mann fürs Tagesgeschäft. Und Gründer James Jannard, der sowieso schon länger im Hintergrund agiert, bleibt als Berater erhalten. Klar dürfte aber sein: Die US-amerikanische Start-up-Kultur von Red ist nun unter japanischer Führung wohl weniger ausgeprägt. Kein Wort gibt es auch zum "Red-Patent", das die verlustarm komprimierte Raw-Aufzeichnung von Video in der Kamera beschreibt. Wie Nikon da gegenüber anderen Kameraherstellern verfahren wird, scheint noch völlig offen.

Das gilt auch für den Preis von Leicas "Leitz Phone 3". Nicht nur, weil Leica draufsteht, dürfte der ziemlich hoch ausfallen. Denn neben der Hauptkamera mit 47 Megapixeln, Leica-Optik und viel Softwarespezialitäten für die Simulation von diversen Leica-Looks handelt es sich um ein Smartphone mit Top-Ausstattung. Dazu gehören ein Snapdragon-8-SoC von Qualcomm, 12 GByte RAM, 512 GByte Flash-Speicher plus MicroSD-Slot und ein flottes OLED-Display. Das arbeitet mit bis zu 240 Hertz, ist 6,6 Zoll groß und zeigt 2730 x 1260 Pixel.

Das zusammen mit Sharp entwickelte Leitz Phone 3 kommt Mitte April exklusiv in Japan auf den Markt, ob und wann es in anderen Regionen verfügbar sein wird, ist noch nicht bekannt. Marketing durch Verknappung? Vielleicht. Nötig hätte Leica das wegen seines Markenimages wohl kaum, eher will man testen, wie viel man dafür verlangen kann. Und im fotoverrückten Japan, wo Leica noch mehr Kultstatus als sonst wo genießt, ist das besonders leicht. Der typische Apple- oder Samsung-Käufer wird sich ohnehin am Fehlen von Weitwinkel- und Tele-Kamera auf der Rückseite stören, wie stets bei Leica gilt: Das Ding muss man wirklich wollen.

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