"Nope Challenge" angespielt: VR-Nutzer stellen sich ihrer Angst

Ob Spinnen, Abgründe oder Horrorclowns: In der "Nope Challenge" stellen sich VR-Nutzer ihren größten Ängsten.

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Screenshot aus "Nope Challenge" zeigt Nutzer in schwindelerregender Höhe

(Bild: Happy Manic)

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Lesezeit: 4 Min.
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Spinnen und Horrorclowns wirken in der virtuellen Realität um einiges größer und Furcht einflößender als auf dem Bildschirm. Das kann jeder bestätigen, der schon einmal Horror unter einer VR-Brille erlebt hat. Warum also nicht das Präsenzgefühl von VR für die Konfrontationstherapie nutzen? Wir haben uns an die "Nope Challenge" des Entwicklers Happy Manic gewagt, die für Quest 2 und 3 verfügbar ist. Sie konfrontiert ihre Nutzer allmählich mit immer gemeineren Reizen. Sollte die Furcht überhandnehmen, hämmert man zwischendurch einfach auf den namensgebenden "Nope"-Knopf am Handgelenk, um später am Speicherpunkt weiterzuspielen.

Bevor der Horror beginnt, sichert sich das Studio mit einigen Warnhinweisen ab. Eine vollwertige Konfrontationstherapie mit vorbereitenden Gesprächen kann und will das VR-Spiel natürlich nicht ersetzen. Dennoch bedient es sich einiger Mechanismen, die auch im Rahmen einer Heilbehandlung zum Einsatz kommen. Schrittweise setzt es den Nutzer immer stärkeren Angstreizen aus. Rollt ihm anfangs noch das harmlose Foto einer niedlichen kleinen Springspinne auf dem Fließband entgegen, wird er wenige Levels später schon von einem gigantischen haarigen Biest über die Dächer gejagt.

Neben Arachnophobie und Horrorclowns ist auch Höhenangst ein Thema. Grafisch ist das lange nicht so eindrucksvoll umgesetzt wie in Cryteks Kletterspiel "The Climb 2" oder bei Sonys Grafikperle "Horizon: Call of the Mountain". Trotzdem bescherte uns der Balanceakt über den Dächern schnell schweißnasse Hände. Wie in anderen VR-Spielen bewegt man sich langsam mit dem Analogstick über schmale, brüchige Stege, während die Tauben unbeeindruckt in Sicherheit flattern. Ähnlich wie in den Vorbildern hangelt man sich an blau markierten Sprossen entlang, während man sich mit den Triggern festhält und dabei möglichst nicht zu lange in den Abgrund schaut.

Nope Challange: Angespielt (5 Bilder)

Bevor man im Horrorhaus beißende Spinnen aufhebt, wird man zunächst mit einem harmlosen Gummitier konfrontiert. Das quietschende Hundespielzeug eignet sich auch zur Ablenkung von Robo-Clowns.
(Bild: heise online / jpw)

Das Klettern und andere Balanceakte gehen ähnlich gut von der Hand wie in den erwähnten Vorbildern. Auch hierbei steigern sich fortwährend Intensität und Angstfaktor. Aus unserer Sicht scheint die App also gut geeignet, um etwa in großer Höhe gelassener zu werden, auch wenn wir keine professionelle psychologische Bewertung abgeben können.

Als Spiel wirkt das Gebotene aber selbst für 20 Euro reichlich mager. Mit etwas Erfahrung sind die neun Herausforderungen in jeweils rund zehn Minuten bewältigt. Zumindest, wenn man sich nicht nach jedem Knopfdruck auf freischaltbaren Südseeinseln eine Entspannungspause gönnt. Das gilt auch für das Versteckspiel mit hammerschwingenden Mechanik-Clowns, sicheren Schränken und simplen Schlüsselrätseln. All das erinnert an Schleichspiele wie "Jurassic World: Aftermath" oder die VR-Mod von "Alien: Isolation". Es gibt nicht einmal Ranglisten, in denen man seine neu erlangte Abgebrühtheit mit dem Rest der Welt vergleichen könnte.

Wer will, kann in der Spielwelt aber immerhin USB-Sticks mit einer Hintergrundgeschichte sammeln – etwa über die "Clownsroboter" der Therapieeinrichtung, die eines Tages Verhaltensauffälligkeiten entwickeln. In die Präsentation ist mehr Liebe geflossen als in den Langzeitspaß. Der charmante Erzähler und eine kreischende "Panikbanane" erinnern ein wenig an den Humor von "Portal" oder "Job Simulator". Es gibt eine Handvoll Komfortfunktionen, wie zur Vignette und zum ruckartigen Drehen, aber keine alternative Teleportation.

Wir würden uns eine Umsetzung für die Playstation VR2 oder Apple Vision Pro wünschen, die intensiv von der Sensorik Gebrauch macht. Das Horrorpotenzial von Eye-Tracking wurde bisher schließlich nur angekratzt: In "The Dark Pictures Switchback VR" etwa bewegen sich manche Gegner nur, wenn man blinzelt.

Die "Nope Challenge" ist eine angenehm unangenehme Möglichkeit, sich mit einigen weitverbreiteten Ängsten zu konfrontieren. Allein die Größenverhältnisse flößen in VR viel mehr Respekt ein als in jedem anderen Medium, selbst in dieser schlichten, Quest-2-kompatiblen Kulisse. Natürlich kann die App keine vollwertige Konfrontationstherapie ersetzen und bietet nebenbei als Spiel viel zu wenig Umfang. Sie zeigt aber, welches Potenzial im Bereich zwischen VR-Spielen und therapeutischen Apps steckt.

Die "Nope Challenge" ist im Meta-Quest-Store erschienen. Sie kostet ca. 20 €. USK ab 12.

(jpw)